Kommentar der
Berliner Blätter für Psychoanalyse und Psychotherapie
zur
Stellungnahme der DGPT
zum
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem
Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreform 2000) Drs. 14/1245 –
Zum Text der Stellungnahme
Mit der Veröffentlichung ihrer Stellungnahme zum Regierungs-Entwurf eines Gesetzes zur GKV-Gesundheitsreform 2000 belebt die DGPT ihre Internetrepräsentation (http://www.dgpt.de).
Die Stellungnahme besticht durch ihre gründliche Analyse des Gesetzentwurfs und durch ihre folgerichtigen Anmerkungen zu den einzelnen Gesetzesvorhaben. Vor allem die notwendigen kritischen Hinweise auf Gefahren, die der Psychotherapie durch eine solche Gesetzesreform drohen, sind nahezu vollständig.
Die kritische Analyse hört aber leider gerade da auf, wo Veränderungen dringlich erscheinen, nämlich am System der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Verteidigung dieses Systems durch die DGPT verleugnet dessen jahrzehntelange Unfähigkeit, die Psychotherapie honorargerecht und verfahrensgerecht zu integrieren. Und die im Schlußsatz des DGPT-Papiers wohlklingende Proklamation: „Die staatlich verordnete Reglementierung unserer demokratischen Strukturen (gemeint sind die Selbstverwaltungsstrukturen der KVen) lehnen wir ab" huldigt einer Verzerrung des Demokratieverständnisses, auf die eben Ralf Dahrendorf in der FAZ (8.9.99, S.49) aufmerksam machte. Dieser legt den Finger auf die Wunde der parlamentarischen Entmachtung, wo immer die Gesetzgebung nicht mehr innerhalb der parlamentarischen Debatte stattfindet, sondern im Wesentlichen von den sogenannten Experten und den Verbänden gestaltet wird. Ein Musterbeispiel dafür war das „Integrationsmodell", das die selbstverwaltete Vertrags-Ärzteschaft über die Köpfe ihres KBV-Vorstandes verhindern wollte, was zur Folge hatte, daß das damalige Seehofer-Ministerium zusammen mit dem Gesundheitsausschuß des Bundestages sozusagen in „letzter Minute" auf einzelne Forderungen der KBV eingehen „mußte", um das Psychotherapeutengesetz nicht erneut zum Platzen zu bringen. Die schwer wiegenden Folgen sind den Betroffenen bekannt. Nicht mehr der Gesetzgeber bestimmt die Übergangsregelungen im sozialrechtlichen Teil des PTG, sondern ein Interpretationspapier aus dem KBV-Vorstand. Unter diesem Blickwinkel muß man den Schlußsatz von Kurt Höhfeld im DGPT-Papier – „die staatlich verordnete Reglementierung unserer demokratischen Strukturen lehnen wir ab" – ergänzen:
Die von KVen, Krankenkassen und Zulassungsausschüssen verordnete Reglementierung geltender Gesetze lehnen wir um unserer parlamentarischen Demokratie willen ab*.
Gerd Böttcher/8.9.99
* vgl. dazu die grundgesetzlichen Grundlagen zum Bestimmtheitsgebot der Rechtssicherheit
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