Der Schabernack mit den qualifizierten Therapeuten
Europäische Regelungen gefährden Qualität der Psychotherapie in Deutschland Hoch gestartet - tief gelandet
|
Der Schabernack mit den qualifizierten Therapeuten
Kommentar der Berliner Blätter
Unter Schabernack verstehen wir hier nach etymologischer Herleitung "Beschimpfung und Spott". Auf solchen Schabernack greift der BDP zurück, wenn er in seiner pauschalen Warnung vor den "Europa-Psychotherapeuten" auf den Bergbau-Ingenieur mit einer Ausbildung in Kurzzeittherapie hinweist, der damit dann in Deutschland als Psychotherapeut arbeiten.könne. Lassen wir offen, ob ein Bergbau-Ingenieur mit soliden Kenntnissen in Einsturzgefahr, gerade die Kurzzeittherapie wählen würde. Und wer wählt denn schon ein Therapieverfahren, das mit seiner "Kürze" imponieren will, wenn nicht ein paar vom "Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP)" eben "wissenschaftlich anerkannte" Verhaltenstherapeuten, die sich von einer kürzlich vom WBP gelobten Expertise bescheinigen lassen, schwere Persönlichkeitsstörungen im Durchschnitt mit nur 2,7 Stunden therapieren zu können. Man muß es den vielen seriösen Verhaltenstherapeutinnen und -therapeuten wünschen, daß sie sich von solchen Kurzzeitwettbewerben nicht stimulieren lassen. Über von Verbandsfunktionären inaugurierte "Dopingfälle" würde man sich dann gar nicht mehr wundern.
Wenn man sich in Deutschland über die Qualifizierung von "Wissenschaftlichkeit" in der Psychotherapie schon so streitet, daß ein renommierter Wissenschaftler und Psychotherapeut wie z.B. Michael B. Buchholz schreiben kann:
Wenn man bedenkt, dass eine Menge erfahrener und akademisch hochrangiger Leute mit viel Anstrengung Befunde zusammentragen, deren klinische Bedeutung sie nicht würdigen oder deren Inkonsistenz sie nicht erkennen oder die sie mit anderen, widersprechenden empirischen Befunden nicht diskutieren, so muß man davon ausgehen, dass hier nicht persönliche Insuffizienzen den Ausschlag geben, sondern man muß die Expertise als einen empirischen Beleg dafür ansehen, dass die Strategie des Wissenschaftlichen Beirats, ausschließlich mit RCTs die Wirksamkeit von Therapieverfahren zu ermitteln wäre, in sich gescheitert ist – und das bei einem Therapieverfahren, das in seinen empirisch-methodischen Überprüfungen den Anforderungen des WB wohl noch am allernächsten kommen dürfte.
Michael B.Buchholz, Stellungnahme zu Birgit Kröner-Herwig: "Expertise zur Beurteilung der empirischen Evidenz des Psychotherapieverfahrens Verhaltenstherapie" (Link zum Text pdf-Datei, aus der Homepage der DGPT)
dann sollte man, wie es der BDP tut, mit Sätzen wie: "Europäische Regelungen gefährden Qualität der Psychotherapie in Deutschland" behutsamer umgehen.
Zur Fortsetzung zurück