Aus der Homepage des VPP dankend entnommen:
Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat einem Delegationspsychologen, dessen Zulassung abgelehnt worden war, die Berechtigung zur Abrechnung laufender und neuer Behandlungsfälle (gemäß dem früheren Delegationsverfahren) durch einstweilige Anordnung zuerkannt. Diese Berechtigung ist befristet bis längstens zur Entscheidung des Sozialgerichts über den Zulassungsantrag.
(Sozialgericht Frankfurt am Main, 31.5.1999, S 27 KA 1551/99 ER)
Der Antragsteller hatte zwischen dem 1.4.96 und dem 24.6.97 zehn Behandlungsfälle, davon zwei GKV-Versicherte mit zusammen 55 Behandlungsstunden.
Im Zulassungsausschuß war nur strittig, ob das Zeitfenster damit erfüllt wurde. Ein schriftlicher Ablehnungsbescheid zu der Entscheidung vom 4.3.99 liegt noch nicht vor.
Das Sozialgericht führt aus:
"Nach Auffassung der Kammer erfüllt der Antragsteller aber auch die Voraussetzungen für das sog. Zeitfenster. Er hat im vorgeschriebenen Zeitrahmen mindestens eine Behandlung eines Patienten, der in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist durchgeführt. In der Zeit von Februar bis Oktober 1996 hat der Ast. einen in der AOK versicherten Patienten 30 Stunden und einen in der BEK versicherten Patienten 25 Stunden behandelt. Damit hat er an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im gesetzlich geforderten Umfang teilgenommen.
Nach Auffassung der Kammer bedeutet "Teilnahme" bzw. "teilgenommen" lediglich, daß ein Antragsteller im genannten Zeitraum überhaupt einen Patienten aus dem Kreis der gesetzlich Versicherten behandelt hat. Das Gesetz verlangt keinen bestimmten Umfang der "Teilnahme", verlangt z.B. keine "erhebliche" oder "nicht unbedeutende" Teilnahme und stellt nicht darauf ab, ob die Teilnahme für den Antragsteller selbst existenzbegründend war. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist nicht einmal die Teilnahme in eigener Praxis erforderlich."
Das Gericht setzt sich mit verschiedenen Kommentierungen auseinander. Zu den Darstellungen von Schirmer (KBV) und Behnsen (BMG) führt es aus:
"Der Auffassung von Schirmer und Behnsen kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil sie sich nur unzureichend mit Wortlaut und Gesetzessystematik auseinandersetzt und nicht erkennt, daß es sich bei der umstrittenen Bestimmung um eine nicht unerhebliche Einschränkung "normalen" Übergangsrechts, das es dem betroffenen Personenkreis i.d.R. ermöglicht, sich auf die neue Rechtslage einzustellen, handelt. Nicht zuletzt muß unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten durch Auslegung ein klarer Inhalt der Norm bestimmt werden."
Ob der Zweck der Anordnung bereits durch entsprechende Anwendung des Artikels 10 PTG i.V.m. der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ablehnung der Zulassung erreicht wäre, läßt das Gericht offen:
"Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob, wie der Ast. vorträgt, Art. 10 PsychThG bis zu einer "endgültigen" Entscheidung des Beigel. zu 1 (Zulassungsausschuß), womit der Ast. offensichtlich eine bestandskräftige Entscheidung meint, gilt. Die Entscheidung des Beigel. zu 1. und die hieraus folgenden Konsequenzen im Verhältnis des Ast. zur Ag. (KV) beschränken ihn jedenfalls erheblich in seiner Rechtsstellung. Auch unter Einbeziehung der Zusicherung der Ag., wonach alle anbehandelten Fälle bis zu einer Entscheidung des Beigel. zu 9. (Berufungsausschuß) weiterhin vergütet werden, ist der Ast. in der Fortführung seiner Praxis erheblich gefährdet. Er kann neue Patienten danach nicht behandeln, was, wie er glaubhaft vorgetragen hat, die Kontinuität seiner Praxis und damit deren Bestand überhaupt gefährdet. Im Hinblick auf die offensichtlich rechtswidrige Entscheidung des Beigel. zu 1. ist dem Kläger nicht zumutbar, die Entscheidung und deren Folgen bis zu einer endgültigen gerichtlichen Klärung, die u.U. ein oder mehrere Jahre dauern kann, hinzunehmen. Dem steht das geringe öffentliche Interesse entgegen, daß der Ast., dessen fachliche Qualifikation nicht zweifelhaft ist, Leistungen in einem möglicherweise gesperrten Gebiet weiterhin erbringen und zu Lasten der Ag. bzw. der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen und abrechnen darf."
Abschließend läßt das Gericht erkennen, daß es keine vorläufige Ermächtigung anordnen konnte, weil nicht der Zulassungsausschuß, sondern die Kassenärztliche Vereinigung als Antragsgegenerin benannt worden war. Deshalb bedeutet die Anordnung die Bewahrung der Rechtsstellung nach Artikel 10 PTG.
Im Unterschied zu der Hamburger Entscheidung vom selben Tage nimmt die Frankfurter Anordnung zusätzlich auch dem Berufungsausschuß die Möglichkeit, durch eine Anordnung der sofortigen Vollziehung den Ausschluß aus der Versichertenversorgung herbeizuführen, bevor eine gerichtliche Entscheidung getroffen wurde.
Wolf Waninger, VPP-Bundesgeschäftsführer, 9.6.99