Liebe KollegInnen,
im Anhang leite ich Euch/ Ihnen den Call for Paper des Arbeitskreises Politische Psychologie (DVPW) am Sigmund Freud Institut weiter. Die nächste Jahrestagung des AK wird am 26./27. April 2014 in Frankfurt a.M. zum Thema: "Politik light. Zur Sozialpsychologie des Merkelismus" stattfinden. Die Organisatoren der Tagung freuen sich über Einreichungen.
Herzlichen Gruß aus dem SFI
Jan Lohl
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir laden ein zu unserer nächsten Jahrestagung am 26./27. April 2014 in Frankfurt a.M. zum Thema:
Politik light. Zur Sozialpsychologie des Merkelismus.
Spätestens seit der letzten Bundestagswahl kann man in Deutschland wohl von einer ‚Ära Merkel‘ sprechen. Denn die gegenwärtige politische Kultur der Bundesrepublik ist stark auf die Kanzlerin selbst zentriert; neben ihr scheint kaum etwas anderes oder jemand anders Platz zu haben. Ähnlich wie vorher bereits die Ära Adenauer oder die Ära Kohl ist auch die Ära Merkel durch einen spezifischen Politikstil gekennzeichnet. Dieser fungiert nicht nur als Markenzeichen, sondern auch als Mittel des Machterhalts. Eine eingehende Untersuchung des „Merkelismus“ als sozialpsychologischem Phänomen erscheint aus politisch-persönlichkeitspsychologischer, herrschaftssoziologischer wie auch gesellschaftstheoretischer Perspektive ein lohnenswertes Unterfangen. Auf phänomenologischer Ebene handelt es sich bei dem Merkel’schen Politikstil um einen gefälligen, eingängigen Stil, den man als „Politik light“ kennzeichnen kann. Dieser geht – augenscheinlich – mit einem zunehmenden ideologischen Konformismus und Uniformismus in der Gesellschaft einher, die sowohl im innergesellschaftlichen (bundesrepublikanischen) Kontext als auch im inter-gesellschaftlichen (europäischen) Kontext durch zunehmende Exklusionsprozesse geprägt ist.
Angesichts dieser Gleichzeitigkeit von divergierenden, konfliktträchtigen Entwicklungen auf der phänomenologischen wie auch tiefenpsychologischen Ebene, erachten wir den Merkel’schen Politikstil auch als „heavy“. Indes stellt sich die Frage, welchen Einfluss die (politische) Persönlichkeitsausprägung der Bundeskanzlerin auf ihren politischen Führungsstil hat bzw. in welchem Maße dieser wiederum (Macht erhaltende) Antworten auf parteipolitische, gesellschaftliche etc. Erwartungen zu finden sucht. Die Auseinandersetzung mit den sozialpsychologischen Kontinuitätsmustern wie auch Dynamiken des „Merkelismus“ erfolgt sowohl in diachron als auch synchron vergleichender Perspektive: Zum einen wird eine vergleichende Analyse des Politikstils ausgewählter Bundeskanzler angestrebt, um das Spezifische bzw. Ären übergreifende des „Merkelismus“ herauszuarbeiten. Darüber hinaus stellt sich in synchroner Perspektive die Frage, inwiefern „Merkelismus“ und andere Entwicklungen – wie die Stärkung einer neuen Form von Rechtspopulismus, das Auftreten von erratischen Figuren wie Berlusconi (Italien), Babis (Tschechien) oder Stronach (Österreich) – miteinander zusammenhängen, welche psychodynamischen Problemlagen und Prozesse daran beteiligt sind und wie sie sich auf die Gestaltung von Politik auswirken.
Sowohl bei der vergleichenden Analyse des Politikstils ausgewählter Staatsoberhäupter als auch der jeweiligen innergesellschaftlichen Konfliktlinien stellt sich die Frage nach den Spezifika wie auch den Gemeinsamkeiten. Länderübergreifend ist aus gesellschaftstheoretischer Sicht zu untersuchen, ob es sich um einen Politikstil handelt, der bestimmte psychosoziale Bindungsmuster innerhalb des politischen Raums bzw. der politischen Kultur etabliert, die zwar Macht verallgemeinern und auf Dauer stellen, diese aber den bewussten Handlungsoptionen der einzelnen Bürger bzw. demokratischen Institutionen entziehen und an einen subtilen Mechanismus unbedingten Machterhalts koppeln. Macht würde dann von einem Mittel zu einem Zweck erhoben, d.h. nicht mehr die Durchsetzung politischer Inhalte wäre das primäre Anliegen der politischen Akteure, sondern die Machterhaltung selbst. Dies betrifft auch die Rolle der Medien, die – als vierte Gewalt in demokratischen Systemen – hinsichtlich ihres Strebens nach (Definitions-)Macht zu untersuchen sind. Zu problematisieren bleibt schließlich auch der gesellschaftliche Umgang bzw. die Einbindung mit Emotionen und spezifischen Abwehrmechanismen (wie beispielsweise Angst, Neid, Bewunderung bzw. Idealisierung und Dämonisierung).
Im Rahmen der Jahrestagung des Arbeitskreises Politische Psychologie, die am 26./27. April 2014 in Frankfurt am Sigmund-Freud-Institut stattfindet,
möchten wir bei der Auseinandersetzung mit dem „Merkelismus“ eine persönlichkeitspsychologische Perspektive (u.a. Winter)
mit sozialpsychologischen sowie soziologischen Traditionen (z.B. von Riesman, Marcuse, Mitscherlich, Lasch, Sennett etc.) verbinden.
Wir laden herzlich dazu ein, zum Gelingen der Tagung aktiv beizutragen
und bitten um Zusendung von Vorschlägen für Kurzvorträge (1 Seite) bis zum 18.12.2010
an Angelika Ebrecht-Laermann (ebrechtang@aol.com),
Cornelia Frank (frank@soz.uni-frankfurt.de)
und Johann Schülein (johann.schuelein@wu-wien.ac.at).
Mit freundlichem Gruß
Cornelia Frank, Angelika Ebrecht-Laermann, Johann Schülein