Pressemitteilungen 2012
Sicherstellungsauftrag: „Wir brauchen einen neuen Konsens“
Vertreterversammlung – Wollen die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten einen in Jahrzehnten erodierten Sicherstellungsauftrag noch hinnehmen? Welche Bedingungen und Anforderungen stellen sie, um die ambulante Versorgung weiterhin zu garantieren? Diese zentralen Fragen diskutierte die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) heute in Berlin. Sie will dazu auch die ärztliche Basis befragen.
Berlin, 28. September 2012 – „Der Sicherstellungsauftrag, wie er ursprünglich gedacht war, ist ausgehöhlt. Den historischen Konsens wie er vor einem Menschenalter vereinbart wurde und der jahrzehntelang funktioniert hat, den gibt es so nicht mehr“, erklärte Dr. Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Dipl.-Med. Regina Feldmann, Vorstand der KBV, sagte: „Wir als Ärzteschaft halten einseitig an einem Vertrag fest, den die Kassenseite längst aufgegeben hat.“ Als Schlussfolgerung stellten beide KBV-Vorstände fest: „Wir brauchen einen neuen Konsens.“
In seiner Rede erinnerte KBV-Chef Köhler an die Situation der niedergelassenen Ärzte vor rund hundert Jahren: Durch das sogenannte Berliner Abkommen entstand 1913 ein neues Verhältnis von Ärzten und Krankenkassen, mit freierer Arztwahl, verbrieftem Anspruch der Ärzte auf angemessene Entschädigung sowie Schiedsinstanzen. „Das war die Geburtsstunde der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Kassen, in der sich beide Seiten auf den Grundkonsens einigten, gemeinsam, aber mit jeweils eigenen Zuständigkeiten, für die Versorgung der Patienten geradezustehen.“
Dieser Weg habe zur Gründung der Kassenärztlichen Vereinigungen geführt. „Sie befreiten den einzelnen Arzt aus der direkten individuellen Abhängigkeit und damit von der Willkür der Kassen. Im Gegenzug für den Kollektivvertrag hatten die Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen die Versorgung der Versicherten zu garantieren und sie verzichteten fortan auf das Streikrecht – allerdings mit der Garantie auf eine angemessene Kompensation!“, sagte Köhler.
Was die Ärzteschaft damals erhalten habe, sei unter den heutigen Bedingungen jedoch ein vergiftetes Geschenk.
Die Vertreterversammlung verabschiedete ein Forderungspaket mit sieben notwendigen Bedingungen, unter denen KBV und KVen weiterhin die Verantwortung übernehmen würden:
- Wiederherstellung der diagnostischen und therapeutischen Freiheit
- Feste und kostendeckende Preise für alle ärztlichen Leistungen
- Weg mit komplizierten und versorgungsfremden Steuerungselementen
- Überprüfung der Qualität ärztlicher Arbeit in die Hände der ärztlichen Selbstverwaltung legen
- Weg mit allen Regressen bei veranlassten Leistungen
- Kollektivverträge und ergänzende Verträge auf alle ambulanten Leistungen ausweiten; die institutionelle Öffnung der Krankenhäuser ist zugunsten persönlicher Ermächtigungen von Krankenhausärzten zu ersetzen; klare Wettbewerbsordnung zwischen Kollektiv- und Selektivverträgen,
- Kassenspezifische Gesamtverträge wieder ermöglichen
Die Vertreterversammlung verabschiedete einstimmig einen Antrag, die Vertragsärzte und -psychotherapeuten zu befragen, ob und unter welchen Bedingungen die Gewährleistung des Sicherstellungsauftrages durch KVen und KBV noch sinnvoll erscheint.
Weitere Informationen und Diskussion in der Mailliste der Berliner Blätter
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